Ausblick auf 2023 – Welche Auswirkungen hat die Rezession auf die Konsumtrends?

Ausblick auf 2023 – Welche Auswirkungen hat die Rezession auf die Konsumtrends?

19/01/2023
Lesezeit: 8 Min.

Welche Rolle spielt die momentane wirtschaftliche Situation bei Konsumentscheidungen? Welche Konsumtrends haben die letzten beiden Jahrzehnte bestimmt, und worauf müssen sich Unternehmen im Jahr 2023 einstellen? 

Keine Rezession gleicht der anderen

Nach dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008 brach die Konjunktur in der darauf folgenden Rezession massiv ein. Aus dieser Zeit stammen die folgenden Mintel Trends:

  • Let’s Make a Deal (2010): Viele Verbraucher:innen hatten genug vom unpersönlichen Onlineshopping. Stattdessen wünschten sie sich ein ansprechendes Einkaufserlebnis im Einzelhandel. Ob online oder offline: Spaß beim Shoppen günstiger Produkte wurde zum charakteristischen Verhalten vieler Verbraucher:innen. Getreu dem Motto „Geiz ist geil“  waren sie stolz darauf, so viele Schnäppchen wie möglich machen zu können. Das Ganze wurde fast zu einer Art Hobby. 
  • Prepare for the Worst (2011): Vorsichtige Verbraucher:innen üben sich entweder in Zurückhaltung oder wünschen sich Dinge, die ihnen Beständigkeit und Sicherheit geben, sei es physisch oder emotional. Die Verbraucher:innen, die die Krisen der letzten Jahrzehnte nicht vergessen haben, haben eine Art Bunkermentalität entwickelt. Sie versuchen, sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Sie sparen, sichern sich ab und möchten einer Katastrophe auf jede nur mögliche Art und Weise zuvorkommen.
  • Entrepreneurial Spirit (2012): Die digitale Welt hat der Menschheit ungekannte Möglichkeiten eröffnet.  Mit der Verbreitung des Internets beschritten wir neue Wege der Kommunikation und des Handels. In der damaligen Online-Welt konnten Geschäftsideen ohne große Investitionen, Ressourcen oder Unterstützung zum Leben erweckt werden
  • Survival Skills (2011): Aus der Notwendigkeit, seine Ausgaben zu reduzieren, entwickelte sich der Wunsch nach Selbstständigkeit und dem Wiedererlernen verloren geglaubter Fähigkeiten. Wir waren stolz darauf, etwas selbst machen zu können. In der Rezession lernten Millionen von Verbraucher:innen, was es heißt, resilient zu sein: In der Lage zu sein, sich von Schicksalsschlägen oder Veränderungen zu erholen und sich anzupassen. Und das empfanden viele als Bereicherung für ihr Leben.

Die Corona-Rezession im Jahr 2020 war stark mit der Gesundheitspolitik verflochten. Aus dieser Zeit stammen diese Mintel Trends:

  • Spaß überall (2022): Verbraucher:innen, die die Lockdowns der Pandemie überstanden hatten, wollten aus ihrer Enge ausbrechen und neue Erfahrungen machen, sowohl virtuell als auch in der „realen“, physischen Welt. Unternehmen haben erkannt, dass sie Verbraucher:innen in diesen stressigen, unsicheren Zeiten etwas aufmuntern dürfen. 
  • Flexible Räume (2022): Öffentliche und private Räume werden neu genutzt und passen sich daran an, dass Menschen heute anders arbeiten, lernen und Kontakte knüpfen. Ihrem Hauptzweck bleiben sie dabei treu. Während der  Pandemie mussten Verbraucher:innen kreativ werden, was die Nutzung von Außenräumen angeht. Gleichzeitig erwuchs daraus eine regelmäßigere Interaktion mit der Natur. Heute wünschen sich Verbraucher:innen Infrastrukturen und Produkte, die mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie.

Der wirtschaftlichen Unsicherheit im neuen Jahr 2023 begegnen Verbraucher:innen mit einem anderen Mindset. In der Pandemie haben sie Abstriche gemacht. Sie konnten zwar mit weniger auskommen, wollten aber ihre Lebensqualität beibehalten. Aus dieser Zeit stammen diese Mintel Trends:

  • Das spirituelle Selbst (2022): Verbraucher:innen wollen ihre Bestimmung verstehen, sie fragen sich nach dem Zweck. Der Begriff der Spiritualität weitet sich auf persönliches Wachstum und Selbstreflexion aus. Traditionelle religiöse Praktiken sind immer noch eng mit Spiritualität verbunden, aber Verbraucher:innen erweitern ihren Blickwinkel und beziehen ihre persönlichen Denkweisen mit ein. 
  • Bewusster Konsum (2023): Da Verbraucher:innen weniger Geld zur Verfügung haben, müssen sie überlegen, was ihnen am wichtigsten ist und was sie wirklich brauchen.

Das erwartet uns 2023: Bewusster Konsum

Verbraucher:innen haben ein neues Werte- und Preisverständnis. Sie rechnen nicht mehr Menge x Qualität = Preis. Sie beziehen zusätzlich Komfort, Nachhaltigkeit, Ethik und andere, schwer messbare oder immaterielle Werte in diese Gleichung mit ein. Mintel hat diesen Trend als „bewussten Konsum“ definiert.

„Das Leben in unsicheren Zeiten erfordert einen umsichtigen Umgang mit Ressourcen. Verbraucher:innen setzen sich stärker damit auseinander, welchen Wert bestimmte Dinge für sie haben und konsumieren bewusster.” 

– Joey Kong, Mintel Trends Analyst, APAC

Da Verbraucher:innen weniger Geld zur Verfügung haben, müssen sie genau überlegen, was ihnen wichtig ist und was sie wirklich brauchen. Das betrifft ihre unmittelbaren Bedürfnisse, das, was ihnen Freude und Entspannung bringt, aber auch ihre langfristigen  Ziele. In den letzten zwei Jahren wurden Selbstfürsorge und ein ganzheitliches Wellnesskonzept beispielsweise immer wichtiger. Diese Gewohnheiten sind bei Verbraucher:innen mittlerweile tief verwurzelt. Auch, wenn sie irgendwann finanziell wieder bessergestellt sein werden, werden diese Gewohnheiten nicht einfach verschwinden.

Verbraucher:innen suchen nach neuen Lösungen und Marken, mit denen sie Geld sparen und gleichzeitig ihren Lebensstandard halten können. Damit die Verbraucher:innen sich nicht schlecht fühlen, wenn sie sparen müssen, können Unternehmen ihnen helfen, eine andere Einstellung zu finden. Es geht nicht darum, „mit weniger auszukommen“, sondern „weniger zu brauchen“. Sparsam mit seinen Ressourcen umzugehen, liegt sogar im Trend. Es ist klug und rational. Stellen Sie sich also darauf ein, dass viele ihr Mindset ändern werden.

Der „Werte“-Trendtreiber

„Bewusster Konsum“ ist nicht der einzige Trend, den wir derzeit verfolgen und der Unternehmen helfen wird, diese neue Wertegleichung für das Jahr 2023 und darüber hinaus zu verstehen. Weil „Werte“ einer unserer sieben Trendtreiber ist, dem Rahmenwerk, das wir für alle Mintel-Inhalte verwenden, untersuchen wir unterschiedliche Werteaspekte. 

Der Werte-Trendtreiber fragt: Wie werden sich die Wertbestandteile Budget, Komfort, Qualität und Premiumisierung in den nächsten 12 Monaten und darüber hinaus verändern? Um diese Frage zu beantworten, können wir uns die gesamte Forschung von Mintel aus unterschiedlichen Blickwinkeln anschauen.

Es gibt noch zwei andere, inspirierende Konsumtrends. Den Trend „Let‘s make a deal“ verfolgen wir, wie  bereits oben erwähnt, seit mehreren Jahren. Obwohl es dabei vor allem um die Frage des Budgets geht, geht es auch um Selbstbestimmung und um das Glücksgefühl, wenn man den besten Preis erzielt hat. Unternehmen können Verbraucher:innen ermutigen, sich über einen guten Preis zu freuen und ihr finanzielles Geschick unter Beweis zu stellen. 

Der „Trading Up“-Trend hingegen sagt, dass der Begriff “ Premium” relativ ist. Manche Verbraucher:innen suchen einen Mehrwert, mehr Qualität, Funktionalität oder Langlebigkeit, andere suchen eine emotionale Verbindung oder Exklusivität und möchten sich etwas Gutes tun. Premium-Produkte oder -Dienstleistungen so anzubieten, dass sich die Lebensqualität der Verbraucher:innen verbessert, kann sich auch in einer Rezession auszahlen. 

Was wir auf dem Markt sehen

Im August 2022 hat Everlane die Preise seiner beliebtesten Kleidungsstücke auf die Preise von 2019 gesenkt. So wollte das Unternehmen die Inflation für eine gewisse Zeit bekämpfen. In einer Werbe-E-Mail erklärte Everlane dazu: „Wir haben genug von noch nie dagewesenen Zeiten (und Preisen). „Deswegen gehen wir bei einigen unserer beliebtesten Styles zurück auf die gewohnten Preise von früher.“

 

Wenn Einzelhändler sich an die Inflation anpassen, muss sich auch die Vermarktung der Produkte anpassen. Everlane hätte auch einfach einen Sale machen können, hat sich aber ganz bewusst für diese Art der Vermarktung entschieden. Wie es auch der Mintel-Trend Never Say Die“ beschreibt, ist der Nostalgiezyklus kürzer geworden. Für viele Verbraucher:innen war 2019 ein sicheres Jahr, gerade im Vergleich zu den Jahren danach, die von globaler Unsicherheit durch die COVID-19-Pandemie geprägt waren. Everlane hat diese nostalgische Dynamik genutzt und sich von anderen Einzelhändlern abgesetzt. Und gleichzeitig Verbraucher:innen ermöglicht, in ihren Erinnerungen an vergangene Zeiten zu schwelgen.

Apropos vergangene Zeiten. Die Second-Hand-Shopping-Plattform Depop und Kellogg‘s haben sich zusammengetan und einzigartige Second-Hand-Looks herausgebracht, für die sie Inspiration bei den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen von Pop-Tarts gesucht haben. Die Pop-Tarts x Depop Kollektion umfasst fünf Kollektionen mit ausgewählten Stücken, die von Depop-Gestaltern ausgewählt wurden. Die Artikel stehen für unterschiedliche Pop-Tarts-Geschmacksrichtungen. Sie sind größen- und geschlechtsunabhängig und kosten mit 3,59 $ so viel wie eine Schachtel Pop-Tarts.

Diese Co-Lab-Kollektion soll vor allem Kund:innen der Generation Z ansprechen, eine junge Zielgruppe, die ein begrenztes Budget zur Verfügung hat und gleichzeitig einzigartig und individuell sein möchte. Diesen Verbraucher:innen bieten Second-Hand-Plattformen wie Depop die Möglichkeit, nach kostengünstigeren, ausgewählten Kleidungsstücken zu suchen, die zu ihrer Persönlichkeit passen. Diese „Co-Lab“ setzt dabei nicht auf nostalgischen, gebrandeten Content, sondern auf die Macht der Influencer:innen. Und sie gibt jungen Designer:innen die kreative Kontrolle über ihre Kollektionen. Nostalgische Snacks wie die Pop-Tarts lassen die Vergangenheit genauso aufleben wie Y2K-Styles und sind eine Quelle der Inspiration für junge, aufstrebende Stylist:innen

 

Wenn Sie mehr über die Konsumtrends erfahren möchten, die Mintel zufolge die Branchen, Märkte und Innovationen im Jahr 2023 prägen werden, können Sie sich unser kostenloses E-Book herunterladen. Wenn Sie wissen wollen, was die Auswirkungen von Inflation und Rezession auf das Konsumverhalten für die Zukunft Ihres Unternehmens bedeuten, dann setzen Sie sich gern mit uns in Verbindung.

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