Der europäische Schokoladenmarkt hat sich angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen auf dem Kontinent als äußerst widerstandsfähig erwiesen. Die Umsatzerlöse sind zwischen 2009 und 2014 um etwa 7 % gestiegen, womit Schokoladensüßwaren auf den konkurrierenden Märkten und anderen Nahrungsmittelmärkten zu denjenigen Süßwaren mit den besten Ergebnissen gehören, wie der untenstehenden Grafik entnommen werden kann.
NICHT NUR WEGEN DER INFLATION
Zum Teil hängt dies natürlich mit den Preisanstiegen in den vergangenen Jahren zusammen, besonders im Falle von Kakao und Zucker. Bei den meisten anderen Nahrungsmittelmärkten kam es jedoch im Zeitraum zwischen 2009 und 2014 ebenfalls zu Preisanstiegen für Zutaten, und sie haben nicht annähernd so gute Ergebnisse erzielt. Des Weiteren wurde bei den Umsatzerlösen trotz der erhöhten Kosten ein Wachstum von 2 % erfasst; nicht schlecht für ein Produkt, das aufgrund von gesundheitlichen Bedenken unter Beschuss steht.
ALS SNACK GEEIGNET
Die Gründe für den Erfolg sind zahlreich, doch wenn man sich auf Abbildung 1 die erfolgreichsten Märkte ansieht, stellt man fest, dass die Zugehörigkeit zum Snack-Sektor besonders vorteilhaft ist.
Das war keine passive Antwort auf sich ändernde Essgewohnheiten: Manche gehen sogar soweit, zu sagen, dass Süßwarenhersteller die Pioniere der Zwischenmahlzeiten waren. Zweifellos hat der Sektor diesen Aspekt des Verzehrs von Nahrungsmitteln gefördert. Riegel sind für den kleinen Hunger zwischen Mahlzeiten geeignet, während „mundgerechte“ verpackte und nicht verpackte Schokoladenstückchen für Naschkatzen gedacht sind, die es vorziehen, zu picken. Eine Analyse von Mintels weltweiter Datenbank neuer Produkte zeigt, dass in den vergangenen 12 Monaten etwa 40 % der neuen Produkte in diesen Ländern in diese Kategorien fielen.
FORMATE FÜR JEDEN ANLASS…
Doch das Schöne an dem Segment der Schokoladensüßwaren ist, dass so viele Produktvarianten zur Verfügung stehen, die für jeden Anlass und vielfältige Geschmäcker geeignet sind. Des Weiteren sind viele multifunktional: Zum Beispiel einzeln verpackte Schokoladen sind nicht nur für das Naschen zwischendurch gedacht, sondern auch zum Teilen, zum Beispiel, während man Unterhaltung genießt. Dann wären da die Geschenke: entweder in formellen, dekorativen Verpackungen und/oder für spezifische und dem Anschein nach immer mehr werdende Anlässe. Riegel sind seit langer Zeit eine süße Ergänzung von Lunchpaketen. Nicht viele andere Nahrungsmittelmärkte können all diese Konsumformen bieten.
…UND EIN PRODUKT FÜR JEDEN GELDBEUTEL
Es gibt auch eine große Bandbreite in Sachen Preis/Wertpositionierung. Schokolade kann eine relativ günstige und angenehme Art sein, den kleinen Hunger zu stillen, doch Produkte wie Single-Origin-Schokoladen (Schokoladen, bei denen alle verwendeten Kakaobohnen aus derselben Region stammen) sind für jene Verbraucher gedacht, die es mit dem Schokoladengenuss ernst meinen. Ein weiter Grund für den relativ guten Umgang mit der Rezession besteht darin, dass man sich in Zeiten der Entbehrung mit Schokolade etwas Erschwingliches gönnen kann.
VORWÄNDE FÜR SCHOKOLADENGENUSS
Zudem haben sich Händler als äußerst geschickt beim Umgang mit Verbraucherreaktionen gegenüber potenziellen Marktschocks erwiesen. Im Gegensatz zu anderen Bereichen wie Fertigmahlzeiten, bei denen die verschiedenen Inhaltsstoffe relativ flexibel verwendet werden können, gibt es weniger Spielraum, wenn die Zucker- und Kakaopreise explodieren. Doch durch eine vorsichtige Manipulation der Größen unter dem Deckmantel der Portionskontrolle, gewiefte Werbung für Spaß in weniger humorvollen Zeiten und durch die Möglichkeit für Verbraucher, den Konsum von teurer gewordenen Produkten einzuschränken oder zu senken, statt das Produkt allgemein nicht mehr zu kaufen, hat das Schokoladensegment die schwierige Phase gut überstanden. Die Branche hat sich auch mit der negativen Publicity um „gesundheitsschädliche Aspekte“ gut geschlagen. Verglichen mit einem seiner Hauptbestandteile, Zucker (siehe Nicht so süß: Analyse des Zuckermarktes), genießt Schokolade unter den meisten Europäern noch immer einen sehr guten Ruf. Sie wurde sogar in der Wissenschaft von einigen als gesundheitlich unbedenklich eingestuft: eine Botschaft, die Schokoholiker nur allzu gern hören.
GIBT MIR MEHR SCHOKOLADE!
Sie hat sicherlich nicht die Nationen der Welt abgeschreckt, in denen überwiegend Deutsch gesprochen wird. Die Schweizer sind seit langem die Spitzenreiter in Sachen Pro-Kopf-Verbrauch und natürlich auch ein großer Produzent. Und in Sachen Einzelhandelsumsätzen sind sie vor ihrem nördlichem und ihrem östlichen Nachbarn, die ebenfalls einen hohen Konsum aufweisen: jeweils knapp über und unter 8 kg pro Kopf in Deutschland und Österreich. Im ersteren Fall wird dies von einer besonders niedrigen Preispositionierung positiv beeinflusst. Während es keine Belege für ein teutonisches Gen gibt, das mit einer Gier nach Schokolade verbunden ist (tatsächlich wurde sie von einem Italiener in Spanien aus der Neuen Welt gebracht), ist es interessant, dass ein anderer großer Schokoladenhersteller der Welt, Belgien, auch eine deutschsprachige Region hat, und das Land ist weltweit auf Platz 7.
Schokolade dient als Fallstudie für Anpassungsfähigkeit in einer schwierigen Marktumgebung.
Peter Ayton, Global Market Sizing Quality Manager bei Mintel, ist dafür verantwortlich sicherzustellen, dass Mintels Daten und Forschungen in einer Reihe verschiedener Produkte vergleichbar, kompatibel und sachbezogen sind. Seit über 30 Jahren arbeitet Herr Ayton bei Mintel als Redakteur, Analyst, Herausgeber und Redner auf Konferenzen in verschiedenen Märkten in der Lebensmittel-, Finanz-, Drogerie- und Pharmaindustrie.
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