So können Unternehmen den Fachkräftemangel in der Gastrobranche meistern

So können Unternehmen den Fachkräftemangel in der Gastrobranche meistern

19/08/2023
Lesezeit: 6 Min.

Langsam, aber sicher nimmt die Normalität nach der Corona-Pandemie wieder ihren Lauf. Die Gastronomiebranche hat jedoch weiterhin mit Personalmangel zu kämpfen. Viele, die sich während der Pandemie umorientieren mussten, haben der Branche endgültig den Rücken gekehrt und sich für einen anderen Weg entschieden, der ihnen mehr Sicherheit bietet. DEHOGA, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, schätzt, dass im Moment 65.000 Stellen in deutschen Hotels und Restaurants unbesetzt sind.  

Ein Balanceakt ist auch die hohe Personalfluktuation. Von denen, die noch übrig sind, wollen viele nicht langfristig in der Branche bleiben, laut einer Umfrage der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hauptsächlich aufgrund der geringen Entlohnung, der mangelnden Anerkennung und der mit dem Privatleben unvereinbaren Arbeitszeiten. 

Die kürzliche Reform des deutschen Einwanderungsgesetzes soll die Einstellung von Arbeitskräften aus dem Ausland (und von Flüchtlingen, die bereits in Deutschland sind) erleichtern und könnte dem Personalmangel entgegenwirken. Die Lage dürfte jedoch weiterhin angespannt bleiben. Durch die rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz setzen viele deswegen jetzt vermehrt auf den Einsatz von Technologie.

Digitalisierung und KI fangen Lücken in der Gastronomie auf

Die Technologie kann das Kundenerlebnis im Restaurant bei reduziertem Personaleinsatz tatsächlich verbessern. Mitarbeiter:innen können manuelle oder repetitive Aufgaben abgeben und sich voll und ganz auf das Produkt und den Service konzentrieren und so die Qualitätsstandards anheben.

Einige Fast-Food-Ketten arbeiten bereits mit Touchscreens, über die man bequem bestellen und bezahlen kann. Bildquelle: Getty Images

Die digitale Bestellung über Kioske oder mobile Optionen verbreitet sich immer mehr in der deutschen Gastronomie. Das ist aber längst nicht alles. Die Schnellrestaurant-Kette Wendy’s beispielsweise hat KI-Spracherkennungssoftware zur Aufnahme von Bestellungen in Drive-Ins getestet. Auch andere Kundenanfragen können mithilfe von generativer KI bearbeitet werden.

Auch im Back-of-House-Bereich können KI-gestützte Lösungen zur Effizienzsteigerung in der Branche beitragen, von der Rationalisierung zeitaufwendiger administrativer Aufgaben wie Lieferantenbestellungen und der Erstellung von Schichtplänen bis hin zur Optimierung von Menüs und Portionsgrößen, um weniger Abfall zu produzieren. Roboter können das Küchenpersonal bei den gefährlicheren, weniger angenehmen Aufgaben unterstützen. Der Flippy 2 von Miso Robotics beispielsweise kann Kartoffeln, Hähnchen und andere Lebensmittel frittieren. Die US-amerikanische Restaurantkette Chipotle hat bereits den Einsatz des Autocado getestet, einem Roboter, der Avocados für die Weiterverarbeitung zu Guacamole schälen, entkernen und schneiden kann.

32 Prozent der Deutschen denken jedoch, dass sich KI negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken wird (im Vergleich zu 24 Prozent, die mit positiven Auswirkungen rechnen). Fast ein Drittel der Restaurantbesucher:innen ist skeptisch, ob die Bestellung über digitale Speisekarten genauso effizient wie beim Servicepersonal ist. Deswegen sollten Unternehmen die Technologie sehr bewusst und ausgewählt einsetzen, um sowohl Kund:innen als auch potenzielle Mitarbeiter:innen nicht vor den Kopf zu stoßen und ihre Bedenken aus dem Weg zu räumen.

Immer im Auge: Zielgruppe und Art des Restaurants

Die Meinungen zum verstärkten Einsatz von Technologe im Gastronomiebereich gehen weit auseinander. Besucher:innen von Restaurants mit eingeschränktem Service und jüngere Verbraucher:innen sind im Allgemeinen offener gegenüber digitalen Bestellungen als Besucher:innen von Full-Service-Restaurants und ältere Verbraucher:innen. 

Das hängt vermutlich damit zusammen, dass diese Verbraucher:innen mehr Wert auf Convenience legen und neuen Technologien gegenüber prinzipiell aufgeschlossener sind. Rein digitale Lösungen mit Kundenkontakt eignen sich deswegen vermutlich besser für Restaurants, die auf Convenience und Schnelligkeit ausgelegt sind und häufig jüngere Kund:innen ansprechen. 

Da sich der Personalmangel jedoch über die gesamte Branche erstreckt, könnte sich für unterschiedliche Restaurantformate und Zielgruppen auch eine hybride Bestellmöglichkeit mit weniger Bedienpersonal anbieten, bei der man auch beim Personal bestellen kann, wenn man möchte. So kommen auch die Restaurantbesucher:innen, die eher technikscheu sind, sich eine Bildschirmpause wünschen oder einfach die Interaktion mit dem Servicepersonal schätzen, auf ihre Kosten. 

Fachkräftemangel fordert weitere Investments in Personal

Obwohl technologische Lösungen in der Gastronomie eine immer wichtigere Rolle spielen werden, bleibt das Gastgewerbe ein Geschäft, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht. Vor allem dann, wenn sich durch ein herausragendes Kundenerlebnis höhere Preise erzielen lassen. Tatsächlich ist die Mehrheit der deutschen Restaurantbesucher:innen der Meinung, dass sich Gastrobetriebe mit Tischservice (also mit Kellner:innen) besonderer anfühlen als solche ohne.

Da viele Verbraucher:innen ihre Restaurantbesuche aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten einschränken und ihr Geld bewusster ausgeben, erwarten sie auch eine höhere Servicequalität. 41 Prozent der Restaurantbesucher:innen, darunter vor allem die über 55-Jährigen, sagen, dass die Freundlichkeit des Personals zu den fünf wichtigsten Kriterien bei der Auswahl des Restaurants gehört, in dem sie essen gehen bzw. in dem sie Essen bestellen.

Deswegen sind freundliche, gut ausgebildete und loyale Mitarbeiter:innen weiterhin von unschätzbarem Wert für jedes Restaurant. Restaurants, die das verinnerlicht haben und dementsprechend agieren, werden es nicht nur leichter haben, gutes Personal zu finden und zu halten, sie werden auch treuere Kund:innen haben, die immer wieder kommen. 

Da auch in der Gastronomie gutes Personal mittlerweile umkämpft ist, wird die Bedeutung von Benefits, die in anderen Branchen bereits weit verbreitet sind (wie z. B. flexible Arbeitszeiten) weiter zunehmen. 

Personalmanagement-Apps wie e2n digitalisieren den Schichtplan.
Bildquelle: Instagram/ @ e2n

Der Einsatz von Personalmanagement-Apps wie e2n, über die Mitarbeiter:innen ihre Verfügbarkeit eintragen und Schichten tauschen können, erhöht die Flexibilität und das gegenseitige Vertrauen und verbessert die Work-Life-Balance. Gleichzeitig können Anreize wie leistungsbezogene Prämien dafür sorgen, dass Mitarbeiter:innen sich wertgeschätzter fühlen und gleichzeitig ihre Gehaltsaussichten verbessern können. 

Auch Fort- und Weiterbildungsangebote spielen eine wichtige Rolle, um Berufsanfänger:innen oder neue Mitarbeiter:innen mit wenig Erfahrung für die Branche zu gewinnen. Ein gutes Beispiel dafür sind die unterschiedlichen Trainee-Programme und Karriereplanungsmöglichkeiten von Domino‘s.

Unser Fazit

Auch wenn die Technologie in Zeiten des Personalmangels die Effizienz steigern kann, müssen Gastronomiebetriebe die richtige Balance aus Automatisierung und menschlicher Interaktion finden, um einerseits ihren Betrieb zu optimieren und andererseits dafür zu sorgen, dass das Essengehen weiterhin Spaß macht. Sie sollten sich genau überlegen, welche technologischen Lösungen zu ihrem Restaurant und ihrer Zielgruppe passen, vor allem bei Technologien mit Kundenkontakt. Menschen sind in der Gastronomie jedoch weiterhin der Schlüssel zum Erfolg,. Unternehmen, die in das Wohlergehen und die Ausbildung ihrer Mitarbeiter:innen investieren, werden deswegen auf lange Sicht mehr Erfolg haben. 

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