Wie Craft-Brauereien die Krise meistern können

Wie Craft-Brauereien die Krise meistern können

28/05/2020
Lesezeit: 5 Min.

Die Erfolgswelle von Craft Beer hat viele Verbraucher dazu gebracht, neue Bierarten und Marken auszuprobieren. Zudem bieten sich die Schankstuben von Mikrobrauereien als Lokalitäten zum geselligen Umtrunk mit Freunden und Familie an. Wie andere Getränke- und Lebensmittelunternehmen, die stark von der Gastronomie abhängig sind, sind allerdings auch Craft-Brauer von der COVID-19-Krise betroffen. Für sie gilt es, neue Absatzkanäle zu finden und an den bestehenden Betriebs- und Produktionskosten zu schrauben, um im Geschäft bleiben zu können.

Bemühungen zur Unterstützung und Erhaltung von angeschlagenen Craft-Brauereien verschiedenster Unternehmensgrößen sind vonnöten, um die Kreativität und den Gemeinschaftsgeist in der Bierbranche aufrechtzuerhalten.

Authentische Beziehungen zu lokalen Communities

Viele Verbraucher bekommen die Auswirkungen der globalen Coronakrise direkt auf lokaler Ebene zu spüren, wodurch viele innerhalb der eigenen Gemeinden und Gemeinschaften aktiv werden, um die lokale Wirtschaft zu unterstützen.

Diese Hinwendung zu lokalen Betrieben wird sich wahrscheinlich langfristig halten: Wie eine im April 2020 von Mintel geführte Umfrage zeigt, wollen drei Viertel der chinesischen Konsumenten auch nach dem Ende der Pandemie mehr chinesische Marken kaufen, um die nationale Wirtschaft zu unterstützen. Die Unterstützung vom lokalen Gewerbe könnte auch den Craft-Brauereien zugutekommen; interessant wären allerdings auch Investments in Mikrobrauereien, die sich auf lange Sicht auszahlen könnten.

Umsatzvolumen durch preisgünstiges Craft-Bier steigern

Craft-Bier wird in kleineren Auflagen und mit hochwertigen Inhaltsstoffen gebraut, wodurch es im Vergleich zu regulären Biermarken teurer bepreist ist. Durch die COVID-bedingte Wirtschaftsflaute und den damit verbundenen Stellenkürzungen könnte diese Bepreisung jedoch eine Barriere darstellen, da viele Verbraucher gerade vorsichtig mit ihren Ausgaben umgehen und relativ preissensibel sind.

Aus dieser Überlegung heraus ist das Plan: C Simple Ale der australischen Brauerei Otherside Brewing Co. entwickelt worden. Auf der Produktverpackung steht: „Durch das Coronavirus mussten wir alles Mögliche neu überdenken. Egal, wie sehr ihr Craft-Bier liebt, verstehen wir genauso gut, dass der kleine Aufpreis von Produkten aus handwerklicher Herstellung in dieser Situation gerade schwer zu rechtfertigen ist.“ Indem die Brauerei an verschiedenen Produktionskosten schraubte, war es letztendlich möglich, eine 18-Flaschen-Kiste für 40 australische Dollar auf den Markt zu bringen. Laut Mintel GNPD liegt der Durchschnittpreis für ein Sechser-Pack bei 19-24 australischen Dollar, was das Angebot der Brauerei besonders attraktiv macht.

Crowdfunding durch loyale Fans

Durch den etwas höheren Aufpreis von Craft-Bier sind es tendenziell eher einkommensstärkere Verbraucher, die sich für das Premium-Bräu interessieren. Einer amerikanischen Mintel-Studie zufolge haben drei von zehn US-Verbrauchern mit einem Haushaltseinkommen über 100.000 Dollar Bier von kleinen Craft-Brauereien gekauft – im Vergleich sind es bei den Haushalten mit einem Jahreseinkommen von 25.000 Dollar gerade einmal hab so viele Craft-Trinker.

Angesichts der derzeit noch ungewissen Zukunft könnten Craft-Brauereien daher überlegen, loyalen Kunden Investitionsmöglichkeiten ins eigene Unternehmen zu eröffnen. Die schottische Craft-Brauerei BrewDog nutzte in den Staaten bis Mitte Mai die Crowdfunding-Kampagne „Equity for Punks“ dazu, um rückläufige Umsatzzahlen durch diese Art von Gruppenfinanzierung auszugleichen.

Die Szene brüstet sich gerne mit ihrem unabhängigen Unternehmertum, was zur Folge hat, dass viele Brauer davor zurückschrecken, an multinationale Unternehmen oder Investoren zu verkaufen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen der Coronakrise könnten sich jedoch auch auf kleinere Brauereien auswirken. Der Bedarf an Finanzierungsmittel könnte daher Investitions- oder gar Übernahmemöglichkeiten für etablierte bzw. größere Craft-Brauer ergeben.

Per se muss das nicht unbedingt Schlechtes verheißen: So könnten solche Partnerschaften als Erfahrungsaustausch zwischen kleineren und führenden Brauern vermarktet werden. Anfang 2019 kaufte Sierra Nevada, die drittgrößte Craft-Brauerei in den Staaten, die aufstrebende Biermarke Sufferfest Beer Company auf. Diese verzeichnet nicht nur ein ähnliches Wachstumspotenzial, sondern vertritt auch gemeinsame Werte – was die Übernahme logisch erscheinen ließ.

Das Potenzial von Kooperationsmodellen mit größeren Brauereien

Auch führende Brauereikonzerne wie Anheuser-Busch InBev (AB InBev) und Carlsberg könnten dieses Jahr kriselnden Craft-Brauereien als Business Incubators unter die Arme greifen. „Incubation“ bezeichnet hierbei ein wirtschaftliches Kooperationsmodell, bei dem größere Firmen kleineren Unternehmen auf finanzieller sowie auf geschäftsführender Ebene unterstützen und beraten.

In dieser „Win-Win-Situation“ geschieht meist ein bilateraler Wissensaustausch, der beiden Seiten zugutekommt. Zudem könnte eine sogenannte Incubation globalen Konzernen helfen, ihren Ruf bei Craft-Bier-Trinkern zu verbessern. In den USA findet gerade einmal mehr als jeder Zehnte Biertrinker, dass Brauereikonzerne gutes Craft-Bier produzieren. Gleichzeitig gewinnen kleine Brauereien den Vorteil, sich die Produktionsprozesse bei der Fertigung von Großserien, aber auch Marketing- und Absatzstrategien von größeren Unternehmen abzuschauen.

Unser Fazit

Aufgrund des derzeit noch häufig geschlossenen Gastronomie- und Gastgewerbes stehen viele Craft-Brauereien vor der Herausforderung, ihre Umsatzzahlen beizubehalten. Als eine Branche, die stolz auf ihre lokale Verankerung ist, können Verbraucher und weitere Brauereien zur Unterstützung aufgerufen werden. Vom Bierkauf bis zum Crowdfunding bieten sich Brauereien vielerlei Möglichkeiten, um die Kreativität und Vielfältigkeit des Bierangebots in der Industrie aufrecht zu erhalten.

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