
“Der Preis muss stimmen”, das neue Motto aller Verbraucher:innen? So suggerieren es viele Medienberichte. Der Preis allein sei angesichts der stark steigenden Lebenshaltungskosten zum entscheidenden Kaufkriterium geworden. Rücken damit Aspekte der Ethik und Nachhaltigkeit in den Hintergrund?
Die Ergebnisse einer aktuellen Mintel-Studie zeigen, dass dem nicht so ist. Ethische Werte haben sich längst als wichtige Einflussgröße von Kaufentscheidungen etabliert und stehen nicht automatisch im Widerspruch zum Sparen. Welche Trends sind für die maßgebliche Entwicklung von Ethik im Einzelhandel entscheidend?
Ethischer Konsum – von der Nische zum Standard
Immer mehr Verbraucher:innen hinterfragen neben ihrem eigenen Konsumverhalten auch die ethischen Werte der Marken, die sie kaufen. Längst zählen nicht mehr nur die Produkteigenschaften, sondern auch die ethischen Werte, die durch eine bestimmte Marke transportiert werden. Viele hinterfragen: Teilt eine Marke meine Werte? Wird der Anbieter seiner sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht?
Auch wenn die anhaltende Inflation die Forderung nach Nachhaltigkeit kurzfristig dämpft, werden die gesellschaftlichen Anforderungen an ethisches Handeln mit dem Abschwächen der Corona-Pandemie zukünftig wieder stärker in den Fokus der Verbraucher:innen rücken. Damit steigt auch der Druck auf den Markt, sich entsprechend auszurichten. Nur die Unternehmen, die ihre Aktivitäten dahingehend erweitern und ihre Lieferketten offenlegen, soziales Engagement zeigen und inklusives Management betreiben, werden sich nachhaltig behaupten können.
Tech-Lösungen für nachhaltige Bedürfnisse
Angesichts sich häufender Greenwashing-Fälle wird es für Verbraucher:innen in Zukunft immer wichtiger, genau nachvollziehen zu können, was sie kaufen und welche Auswirkungen mit ihrem Kauf verbunden sind. Vielen Konsument:innen ist es wichtig, ihren Umwelteinfluss aktiv beeinflussen zu können, auch beim Online-Shopping. Der Mintel-Studie zufolge würden 51 Prozent der deutschen Online-Shopper im Netz gerne nach lokal hergestellten Produkten stöbern können. Dieses Bedürfnis ist unter 16-24-Jährigen besonders ausgeprägt.
Der klassische Ansatz, ethische Produkte zu zertifizieren und Kunden damit Orientierung zu bieten, kann ein Erfolgsfaktor sein. Dabei erwecken bekannte und bewährte Siegel wie „Bio“ oder „Fairtrade“ das größte Vertrauen. Die reine Zertifizierung von Produkten wird jedoch immer häufiger mit digitalen Alternativen kombiniert oder sogar von ihnen abgelöst. Die Blockchain-Technologie ermöglicht dem Kunden beispielsweise sofortige Einsicht in Produktinformationen und Lieferketten und schafft zusätzliche Transparenz. Die Bedingung: Der Zugriff darauf muss einfach und unkompliziert möglich sein, zum Beispiel per QR-Code und /oder App.
Ein transparenter Umgang mit Informationen zum Umwelteinfluss eines Produktes, aber auch zu sozialen Aspekten wie der Gewährung von Arbeitnehmerrechten entlang internationaler Lieferketten oder tierversuchsfreien Produkten wird immer entscheidender. Der Mintel-Untersuchung zufolge würden detaillierte Informationen über Lieferanten ein Viertel der deutschen Verbraucher:innen dazu bewegen, bei einem bestimmten Einzelhändler einzukaufen. In einem kompetitiven Marktumfeld ist es daher mehr denn je entscheidend, belastbare Beweise für ethische Werte zu kommunizieren. Das kann, unter anderem, durch Videoformate unterstützt werden, die zielgruppenorientiert und dem Thema angemessen gestaltet sind. Edeka hat beispielsweise eine Reihe von Informationsvideos unter dem Titel “What the Fact?!” veröffentlicht, die Themenkompetenz signalisieren und die Markenassoziation mit Verantwortung, Ethik und Nachhaltigkeit stärken.
Edeka hat eine Reihe von Informationsvideos unter dem Titel “What the Fact?!” veröffentlicht, die Themenkompetenz signalisieren und die Markenassoziation mit Verantwortung, Ethik und Nachhaltigkeit stärken.
Quelle: EDEKA/YouTube
Nachhaltig kaufen spart auch Geld
Verbraucher:innen können mit nachhaltigen Kaufentscheidungen ganz individuell von den Effekten einer höheren Produktqualität und der erwartbaren Langlebigkeit profitieren und dadurch Geld sparen. Das ist angesichts der aktuellen Inflation eine entscheidende Botschaft. Mintel zufolge würde etwa die Hälfte der deutschen Konsumenten einen nachhaltigeren Lebensstil führen, wenn umweltfreundliche Produkte erschwinglicher wären. Dies zeigt, dass Händler und Marken Verbraucher:innen ganz nach dem Motto “Qualität statt Quantität” über Verhaltensweisen aufklären sollten, die sowohl für ihren Geldbeutel als auch für den Planeten gut sind.
Ressourcen schonen statt ausbeuten – die Anforderungen der Gesellschaft an eine Wirtschaft in Zeiten der Klimakrise werden auch in der Marktentwicklung zunehmend sichtbar. Neue Re-Commerce-Unternehmen profitieren von den Trends der Kreislaufwirtschaft. Sie setzen auf Second Hand und Reparatur statt schnellen Kauf und abschließender Entsorgung bzw. Vernichtung. Bei ihnen stehen Produktlanglebigkeit und Wiederverwendung im Vordergrund. Sie bieten konkrete Alternativen für Verbraucher:innen, die Geld sparen und Ressourcen schonen möchten. Ihre Angebote finden vor allem unter umweltbewussten Gen Z Konsument:innen und preissensiblen Millennials Anklang.
Carou, ein Start-Up, das Second Hand Kleidung online vertreibt, kooperiert seit 2021 mit C&A. Ein Co-Branding, das exemplarisch das Disruptionspotenzial der Kreislaufwirtschaft im etablierten Markt unterstreicht. Quelle: C&A ©2022_C_NIELINGER
Unser Fazit
Die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten rücken aktuell den Preis in den Mittelpunkt von Kaufentscheidungen. Nichtsdestotrotz werden Nachhaltigkeit und Ethik langfristig das Konsumverhalten in Deutschland maßgeblich beeinflussen. Unternehmen und Marken sollten daher schon heute darüber nachdenken, wie sie diesen steigenden Anforderungen die passenden ökologischen und sozialen Maßnahmen gegenüberstellen.
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