Omnichannel-Shopping wird immer wichtiger
Inmitten der aktuellen Wirtschaftslage und der Schließung einiger Modehäuser steht die wiederkehrende Frage im Raum: Welche Rolle spielt der Onlinehandel im deutschen Markt, und wie können Unternehmen das Netz effizient zur Vermarktung und zum Verkauf ihrer Waren nutzen? Trotz des Corona-Booms zwischen 2020 und 2022 macht E-Commerce im Vergleich zum stationären Handel bislang tatsächlich nur einen kleinen Anteil des Handelsumsatzes aus: 2023 lag der Umsatz des Onlinegeschäfts bei knapp 80 Mrd. Euro im Vergleich zu 629 Mrd. Euro im stationären Einzelhandel. 2021 war das mit Abstand erfolgreichste Jahr für den deutschen E-Commerce, der während der Lockdowns rund 99 Mrd. Euro erwirtschaftete (im Vergleich zu 536 Mrd. im stationären Handel). Für dieses Jahr prognostiziert Mintel das Wachstum auf 83,7 Mrd. Euro, was einem prozentualen Wachstum von knapp 5 Prozentpunkten entspricht.
Je nach Kategorie spielt E-Commerce eine mehr oder weniger relevante Rolle: So macht er etwa bei Elektrogeräten knapp 58 Prozent des Gesamtumsatzes aus, bei Kleidung 51 Prozent. Bei Lebensmittel und Getränken gerade einmal 1,3 Prozent – mit Potenzial nach oben.
Beliebtester Online-Retailer ist Amazon (89 Prozent der Online-Shopper:innen haben dort in den letzten 12 Monaten eingekauft). Auf Rang zwei befindet sich eBay (41 Prozent), gefolgt vom Marketplace-Konglomerat Otto, Bonprix, Baur und About You (30 Prozent der Verbraucher:innen).[1] Top drei unter den Einzelhändlern mit Ladengeschäften, bei denen Konsument:innen in 12 Monaten online eingekauft haben, sind Drogeriemärkte wie Douglas, dm Markt (44 Prozent), Media Markt / Saturn (36 Prozent) und Discounter wie etwa Lidl (32 Prozent).[2]
Deutschland: Einzelhandelsumsatz im Ladengeschäft und online (Mrd. € ohne MwSt.), 2014-24
Quelle: Statistisches Bundesamt (destatis)/BEVH/Mintel
Armando Falcao, Associate Director Retail bei Mintel Deutschland, führt aus: “Inmitten der aktuellen Wirtschaftslage steht die Entwicklung des Onlinehandels wieder stärker im Fokus – insbesondere natürlich im Fashion-Bereich, wo der E-Commerce einen hohen Anteil des Gesamtumsatzes ausmacht. Potenzial bietet der Lebensmittelhandel: Obwohl der LEH knapp die Hälfte des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland ausmacht, bleibt beim Thema Online noch viel Luft nach oben. Zwar florierte das Quick-Commerce-Modell, für das Unternehmen wie Gorillas und Flink beispielhaft sind, während der Pandemie. Es stellt jedoch eine große Herausforderung für die Rentabilität dar, vor allem in Märkten wie Deutschland, wo die Kunden traditionell lieber im Laden einkaufen, anstatt höhere Preise für die Bequemlichkeit einer schnellen Lieferung zu zahlen. Daraus folgte: Gorillas wurde von Getir übernommen – doch auch dieses Unternehmen zog sich Anfang dieses Jahres vom deutschen Markt zurück. Dennoch gibt es ein beträchtliches Potenzial, den Lebensmitteleinkauf zu verbessern, indem man ihn über verschiedene Kanäle und auf ansprechende Weise gestaltet. Von der Verbesserung der Navigation und des Ambientes am Point-of-Sales über spannende Treueprämien und Erlebnisse, die die Kunden immer wieder zurückbringen, bis hin zur Integration künstlicher Intelligenz und vollautomatisierter Geschäfte – mit Blick auf Großbritannien und andere europäische Länder können deutsche Einzelhändler wertvolle Erkenntnisse gewinnen.”
Verbesserte Customer Journey dank verzahnterem Omnichannel
Wenngleich der Onlinehandel insgesamt nur einen geringen Anteil des Einzelhandelsumsatzes ausmacht, fällt ihm doch eine große und wichtige Rolle zu. Mehr denn je verlagert sich der Informations- und Entscheidungsprozess in die digitale Welt. Mintel zufolge shoppen mittlerweile 93 Prozent der Deutschen im Netz[3], davon sogar 56 Prozent monatlich und 25 Prozent wöchentlich.[4] Online-Plattformen werden nicht nur direkt für den Kauf, sondern auch zu Informationszwecken genutzt, beispielsweise für Preisvergleiche, oder um zu sehen, welche Waren neu verfügbar sind – um nur einige der zahlreichen Funktionen zu benennen.
“Unsere Daten bestätigen, dass die Zukunft auf Omnichannel-Shopping zeigt: 66 Prozent der Deutschen kaufen im Wechsel online und offline ein. Für Unternehmen muss das Credo lauten: Point of Sales und Online-Plattformen müssen noch enger verzahnt werden, um Konsument:innen an allen Touchpoints eine einheitlich positive Kundenreise zu bieten – und die Kund:innenzentrierung zu belegen. Online muss unbedingt auch Mobile fest mit einschließen, und das branchenübergreifend. So finden es 55 Prozent der deutschen Lebenmittelkäufer:innen bequem, per App den Wocheneinkauf zu regeln. Im Elektrofachhandel gaben Mintel gegenüber 30 Prozent der Konsument:innen an, über das Smartphone Käufe getätigt zu haben (im Vergleich haben 36 Prozent direkt im stationären Elektrofachhandel gekauft). Generell lohnt es sich, auf neue Technologien zu setzen. Avatare können beispielsweise bei der Anprobe neuer Klamotten helfen. Mithilfe von Smart Mirrors geht das auch im Store, wenn das Kleidungsstück im Laden bereits vergriffen ist und man es nachbestellen möchte. Zu guter Letzt hört die Customer Journey nicht beim Kauf oder dem Versand auf: Mit gezieltem Packaging können Marken auch beim Erhalt des Produkts ein tolles Erlebnis schaffen, das die Konsument:innen zum Teilen auf Social Media anregt und die Loyalität noch weiter steigert,” erläutert Falcao.
[1] 1.592 Internetnutzer ab 16 Jahren, die in den letzten 12 Monaten online bei einem Einzelhändler ohne Ladengeschäft eingekauft haben, Deutschland, Juni 2024
[2] 692 Internetnutzer:innen ab 16 Jahren, die in den letzten 12 Monaten online bei einem Einzelhändler mit Ladengeschäften eingekauft haben, Deutschland, Juni 2024
[3] 2.000 Internetnutzer:innen ab 16 Jahren, Deutschland, Juni 2024
[4] 1.865 Internetnutzer:innen ab 16 Jahren, die in den letzten 12 Monaten online eingekauft haben, Deutschland, Juni 2024
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