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Was ist Circular Fashion? Im Jahr 2023 verabschiedete die Europäische Union (EU) die Strategy for Sustainable and Circular Textiles (Strategie für nachhaltige und kreislauforientierte Textilien). Ziel ist es, die Zukunft der Modeindustrie stärker in Richtung Zirkularität zu lenken, Abfall zu minimieren und die Ressourceneffizienz zu maximieren. Circular Fashion (zirkuläre Mode) umfasst unter anderem den verstärkten Fokus auf Resale-Plattformen wie Vinted, auf denen Konsument:innen gebrauchte Kleidungsstücke verkaufen und kaufen können – und so den Anteil an Textilmüll reduzieren.

Was passiert aktuell in der Modebranche in Bezug auf Nachhaltigkeit?

Unsere Forschung bestätigt: Preis bleibt für Verbraucher:innen in Zeiten hoher Inflation die oberste Priorität. Inmitten finanzieller Engpässe ist das Konsumverhalten ist eher zurückhaltend. Vor dem Hintergrund steigender Preise ist der Weiterverkauf gebrauchter Kleidung und der Kauf von Second-Hand-Artikeln eine attraktive Alternative, um Geld zu sparen und gleichzeitig Nachhaltigkeit in der Modebranche zu fördern.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für nachhaltige Mode

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) sind Unternehmen, die in der EU ansässig sind oder dort verkaufen, verpflichtet, ihre ökologischen und sozialen Auswirkungen nach einer standardisierten Methodik zu berichten. In China hingegen unterstützt die Regierung die Branche durch Anreize für Innovation und nachhaltige Entwicklung. Mintel hat beispielsweise beobachtet, dass das Programm Pursuer of Excellence in Sustainability Unternehmen auszeichnet, die besonders nachhaltige Praktiken verfolgen. Beide Beispiele zeigen: Regierungen treiben Nachhaltigkeitstrends in der Modeindustrie über gesetzliche Vorgaben voran.

Wachstum des Marktes für Circular Fashion

Sobald die Belastung der Haushaltsbudgets nachlässt, wird der Fokus auf Nachhaltigkeit weiter zunehmen – das Bewusstsein und Interesse für nachhaltige Modetrends ist bereits heute hoch. In Großbritannien etwa stieg die Zahl der Social-Media-Beiträge zum Thema Slow Fashion um 29 %. Händler kombinieren künftig Resale, Vermietung und Reparatur von Kleidung mit klassischem Einzelhandel, um zirkuläre Mode-Trends aufzugreifen und die steigende Nachfrage zu bedienen.

Nachhaltiges Konsumverhalten in der Modeindustrie

Mehr als die Hälfte der Konsument:innen in Deutschland und Großbritannien betrachtet Nachhaltigkeit als wichtigen Kaufaspekt bei Mode. In den USA geben zwei von drei Konsument:innen an, beim Modekauf auf Umweltfreundlichkeit zu achten. Während ein Großteil der Deutschen davon überzeugt ist, dass jede:r persönlich Verantwortung für den Umweltschutz trägt, versuchen die meisten, ihr Handeln möglichst umweltschonend zu gestalten. Doch insgesamt sind sich Verbraucher:innen in den USA, Großbritannien und Deutschland einig: Ein erheblicher Teil der Verantwortung für Nachhaltigkeit in der Modeindustrie liegt bei den Unternehmen.

Für chinesische Konsument:innen bedeutet nachhaltige Mode weit mehr als nur Umweltaspekte. Um in China erfolgreich zu sein, müssen Marken Nachhaltigkeit mit persönlichem Wohlbefinden, Familienwerten und sozialen Einflüssen verknüpfen, um echte Resonanz zu schaffen.

Nachhaltige Modetrends und die „Say-Do-Gap“

Obwohl Einstellungen zu nachhaltiger Mode überwiegend positiv sind, zeigen Mintel-Expert:innen, dass zwischen Haltung und Handeln oft eine Kluft liegt. Jüngere Millennials in Großbritannien gaben an, dass mehr als drei Fünftel von ihnen in den letzten drei Monaten gekaufte Artikel zurückgeschickt haben – was die Menge an Textilmüll weiter erhöht. Aber warum handeln Konsument:innen nicht konsequent nach ihren Überzeugungen?

Der oft hohe Preis schließt viele vom Markt für nachhaltige Mode aus. Fast die Hälfte der britischen Verbraucher:innen und 67 % der Deutschen geben an, dass der Preis ein wichtigeres Kaufkriterium als Nachhaltigkeit ist.

Zudem finden es 70 % der Brit:innen schwierig zu erkennen, welche Marken tatsächlich nachhaltig sind. In Deutschland empfinden Käufer:innen das Konzept nachhaltiger Mode vor allem im Zusammenhang mit Fast Fashion als widersprüchlich. Greenwashing-Vorwürfe verstärken die Skepsis. Marken müssen daher:

  • nachhaltige Entscheidungen für Konsument:innen einfacher machen.
  • ihre Maßnahmen transparent kommunizieren und Belege liefern.

Den Weg in die Zukunft mit Circular Fashion ebnen

Mode-Marketplaces zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft

Der Aufstieg von Online-Fashion-Marketplaces und Second-Hand-Plattformen ist sowohl Folge von Nachhaltigkeitstrends in der Modebranche als auch hoher Inflation. Viele Konsument:innen kaufen bewusster, verkaufen ungenutzte Stücke oder greifen zu Second-Hand. Plattformen wie Vinted bieten die perfekte Kombination aus günstigen Preisen und umweltfreundlichem Konsum – gerade, weil nachhaltige Produktion oft teurer ist und über zwei Drittel der Deutschen nach erschwinglicheren nachhaltigen Alternativen suchen.

Vinted Website für den Verkauf von Second-Hand-Artikeln.
Vinted ist einer der führenden Fashion-Marketplaces, der Verbraucher:innen eine Plattform für den Kauf und Verkauf von Second-Hand-Artikeln bietet und damit zirkuläre Mode unterstützt. Quelle: vinted.co.uk.

Preis bleibt für viele Konsument:innen wichtiger als Nachhaltigkeit. Besonders jüngere Zielgruppen mit begrenztem Budget kaufen weiterhin Fast Fashion – wodurch Fashion-Marketplaces ideal positioniert sind, um leistbare Nachhaltigkeit zu ermöglichen.

Circular-Fashion-Trends in den sozialen Medien

In den letzten sechs Monaten gab es 70 % mehr Social-Media-Posts zum Thema Preloved-Fashion. Soziale Medien sind seit Langem eine wichtige Quelle für Information und Inspiration rund zum Thema Mode – vor allem jüngere Konsument:innen orientieren sich bei Kaufentscheidungen stark an Influencer:innen-Trends und Rezensionen. Zudem erleben etablierte Marken durch Social Media ein Revival. Rund die Hälfte der Gen Z betrachtet Vintage-Mode als Symbol einer „besseren Zeit“. Dies eröffnet Chancen für Marken, Nostalgie aufzugreifen und Retro-Styles wieder aufleben zu lassen.

Wie können Marken Circular Fashion Trends aufgreifen?

Während Second-Hand-Shops und Online-Marketplaces auf die Eigeninitiative der Verbraucher:innen setzen, können auch Marken selbst nahtlose Verbindungen zu zirkulären Services schaffen, z. B. durch Reparatur und Vermietung.

1. Reparaturen

Beispiel Uniqlo: In einigen US-Stores bietet die Marke Reparaturservices an. Mit gezielter Präsentation und geschultem Personal wird das Angebot attraktiver gestaltet und gleichzeitig Nachhaltigkeit gefördert. Künftig werden Unternehmen vermehrt zirkuläre Geschäftsmodelle wie Reparatur und Remake entwickeln, um Textilabfälle zu reduzieren. Auch in deutschen Uniqlo Stores werden Reparatur- und Änderungsdienstleistungen angeboten.

Das Uniqlo Repair Studio.
Uniqlo bietet in ausgewählten Filialen Reparatur- und Änderungsservices an, um Abfall zu minimieren. Quelle: uniqlo.com/de/special-feature/reuniqlo-repair-studio.

2. Resale

Immer mehr Marken steigen in den Resale-Markt ein. Die nachhaltige Modemarke hessnatur aus Deutschland, kauft beispielsweise eigene Produkte zurück, prüft deren Zustand und verkauft sie erneut. Damit schließt hessnatur den Kreislauf zirkulärer Mode.

hessnatur Website für den Wiederverkauf von Preloved hessnatur Artikeln.
hessnatur bietet Kund:innen einen Circular-Fashion-Loop, in dem sie ihre hessnatur-Artikel direkt auf der Homepage weiterverkaufen oder Secondhand-Stücke kaufen können. Quelle: hessnatur.com/de/secondhand.

3. Stationäre Geschäfte

Trotz pandemie bedingtem eCommerce-Boom bevorzugen viele Konsument:innen nach wie vor den stationären Handel. Besonders bei Second-Hand oder “Mietmode” ist das Bedürfnis groß, die Ware persönlich prüfen zu können. Kreislauforientierte Angebote im Geschäft sind daher entscheidend.

Foto des H&M Second-Hand-Stores in New York.
Beispielsweise hat H&M in New York City einen Store für Second-Hand-Artikel eröffnet. Quelle: about.hm.com.

Da Verbraucher:innen zunehmend die ökologischen Kosten von Fast Fashion erkennen, steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Alternativen. Knapp 60 % der Deutschen erwarten, dass Unternehmen Verantwortung übernehmen. Kreislaufwirtschaft wird so zu einem Kernaspekt von Nachhaltigkeit in der Modeindustrie.

Da Verbraucher:innen der Meinung sind, dass Unternehmen mehr Verantwortung in Bezug auf Umweltfragen übernehmen müssen, wird es entscheidend sein, den Kreislaufgedanken für Konsument:innen leichter zugänglich zu machen. Modemarken können das Bewusstsein für recycelte Materialien in Kleidung stärken und Kund:innen zum Kauf animieren, indem sie diese zu einem günstigeren Preis anbieten. Mit steigenden Investitionen ins Textilrecycling sinken die Kosten, was Händler dazu veranlassen wird, diese Materialien nicht nur für individuelle Kollektionen, sondern für ihre gesamten Sortimente einzusetzen.

Innovation durch nachhaltige Modetrends

Textilinnovation is die Zukunft der Modebranche

Modemarken setzen zunehmend auf natürliche Stoffe, umweltfreundliche Viskose sowie recycelbare und biobasierte Materialien für mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche. Neben diesen bereits etablierten umweltfreundlichen Stoffen tragen auch neue Materialien und Technologien dazu bei, Modemarken nachhaltiger zu machen. So verwendet die chinesische Marke Aimer beispielsweise Algenfasern zur Entwicklung hochwertiger Unter- und Nachtwäsche, die von Natur aus antibakteriell und milbenresistent, angenehm zu tragen und gleichzeitig umweltfreundlich ist.

Instagram Post der Marke Aimer, der für Nachtwäsche aus innovativen Stoffen wirbt.
Aimer wirbt auf Instagram für innovative Stoffe aus Algenfasern. Quelle: instagram.com/aimerofficial/.

So kann Technologie zirkuläre Mode unterstützen

Während Wiederverkaufsplattformen eine hervorragende Möglichkeit bieten, Artikeln ein neues Leben zu schenken, ist der Erfolg eines Verkaufs nicht immer garantiert und hängt von der Qualität der weiterverkauften Stücke oder vom Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage ab. Der Einsatz von Technologie kann dabei helfen, mit einem Überangebot an Second-Hand-Artikeln umzugehen. So entwickelt das von der UK Fashion and Textile Association (UKFT) geleitete Projekt Autosort for Circular Textiles einen neuen Rahmen, um Kleidung, die nicht für den Wiederverkauf geeignet ist, mithilfe von Scannen, Robotik und KI effizient zu recyceln. Auch Marken wie H&M nutzen KI im allgemeinen Modehandel, um Kassendaten und Retouren zu analysieren und so die Mengen der in den Filialen benötigten Artikel besser anzupassen – was die Gefahr hoher Mengen unverkaufter Ware reduziert.

Führen Sie Ihre Marke mit Mintel in die Zukunft der Modebranche

Es gibt viele Möglichkeiten, wie Verbraucher:innen und Unternehmen gemeinsam handeln können, um den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche zu beschleunigen. Der Kauf und Wiederverkauf von Second-Hand-Artikeln ist für Verbraucher:innen der naheliegendste Weg, um umweltfreundlich zu handeln. Online-Marktplätze und stationäre Second-Hand-Geschäfte, können Verbraucher:innen bei ihrem Vorhaben unterstützen.

Die wachsende Nachfrage nach Circular Fashion kann vom Mode-Einzelhandel genutzt werden, indem Marken eigene Communities sowie digitale Plattformen aufbauen, über die Verbraucher:innen Second-Hand-Markenartikel weiterverkaufen und erwerben können. Eine weitere Möglichkeit, die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen, besteht darin, Reparatur- oder Mietservices als Alternative zum Neukauf anzubieten. Investitionen in Innovation bei Textilien und Technologie, werden ebenfalls entscheidend sein, um die Modebranche langfristig nachhaltiger zu gestalten.

Für eine detaillierte Analyse zu Nachhaltigkeit und Verbraucher:innen werfen Sie einen Blick auf Mintels Global Outlook on Sustainability: A Consumer Study 2024–25.

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Anabelle Holschuh
Contributors
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