Eine Person hält in einer Hand eine Kreditkarte und in der anderen ihr Telefon. Sie ist gerade dabei, online einen Kauf zu tätigen.

Wirtschaftsmonitor: Wie hat sich das Kaufverhalten verändert?

Veröffentlicht am: 23/09/2024
Lesezeit: 9 Min.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die finanzielle Lage der Verbraucher:innen verbessert. Diese Entwicklung lässt sich auf einen widerstandsfähigen Arbeitsmarkt, solides Lohnwachstum und nachlassenden Inflationsdruck zurückführen. Trotz der insgesamt positiveren wirtschaftlichen Aussicht bleiben Konsument:innen in verschiedenen Märkten skeptisch und halten an einem vorsichtigen Konsumverhalten fest.

Dieser Artikel untersucht, wie sich das Verbraucher:innenverhalten und die Konsumausgaben seit Corona verändert haben und wie beides weiterhin von wirtschaftlicher Unsicherheit beeinflusst wird. Mehrere Lockdowns und hohe Inflationsraten haben die Haushaltskassen erschöpft, woraufhin Verbraucher:innen ihr Kaufverhalten ihrem verfügbaren Haushaltsbudget angepasst haben.

Entwicklung des Konsumverhaltens

Eigenmarken und Second-Hand prägen das Konsumverhalten in Deutschland

Die Wirtschaftserwartungen der deutschen Verbraucher:innen bleiben weiterhin düster. Die ständige Bewältigung von Krisen hat bei Verbraucher:innen Erschöpfung hervorgerufen und ihren finanziellen Ausblick gedämpft. Infolgedessen sind die Deutschen weiterhin bereit, umfassende Einschnitte bei ihren Konsumausgaben vorzunehmen und die während der Hochphase der Inflation erworbenen sparsamen Einkaufsgewohnheiten beizubehalten. Dazu gehören eine reduzierte Energieverwendung zu Hause, Einkäufe von Eigenmarken sowie eine Neubewertung ihrer Prioritäten und langfristigen Ziele wie Wohneigentum. Unternehmen können besonders von der Aufwärtsentwicklung von Eigenmarken profitieren, indem sie weiterhin in ihre eigenen Produktlinien investieren. Lebensmittel- und Getränkemarken haben bereits darauf reagiert, indem sie den Anteil von Eigenmarken an neuen Produkteinführungen im Jahr 2022 erhöht haben.

Umweltbedenken und begrenzte Budgets veranlassen Konsument:innen dazu, mehr Secondhand-Kleidung zu kaufen. Obwohl Mode nach wie vor zu den Top-Ausgabenkategorien der Deutschen gehört, werden viele aus Notwendigkeit darauf verzichten. Zwei Fünftel der Deutschen geben an, dass Geldsorgen sie dazu veranlasst haben, nach Alternativen zu neuen Artikeln zu suchen. Infolgedessen gewinnt Secondhand-Shopping als erschwinglichere und nachhaltigere Einkaufsmethode an Beliebtheit. Dies hat neue Möglichkeiten für Unternehmen eröffnet, sich in Resale-Programme einzubringen. Im vergangenen Jahr entstanden viele entsprechende Initiativen im deutschen Modeeinzelhandel. Da fast drei von vier Verbraucher:innen der Meinung sind, dass der Kauf von Secondhand-Mode eine gute Möglichkeit ist, die Auswirkungen der Modebranche auf den Planeten zu reduzieren, werden Modemarken, die Resale unterstützen und ihren Wert in Bezug auf Nachhaltigkeit positionieren, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz haben.

Screenshot der Zara online Resale-Plattform.

Verändertes Kaufverhalten in Großbritannien

Britische Haushalte haben längst ihre Prioritäten bei ihren Konsumausgaben geändert, um den Herausforderungen der Inflation entgegenzuwirken. Obwohl sich die Stimmung der Verbraucher:innen in den letzten Monaten aufgrund sinkender Inflationsraten etwas verbessert hat, lehnen die meisten Briten die Vorstellung ab, dass die Lebenshaltungskostenkrise vorbei ist. Daher wird es einige Zeit dauern, bis sich die Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen im Konsumverhalten widerspiegelt. Zum einen ist dies die Folge anhaltender Schwierigkeiten durch gestiegene Zinsen und Mieten, weist aber auch auf die langfristigen emotionalen Auswirkungen der Krisen hin, die die Menschen in den letzten Jahren erlebt haben. Infolgedessen gehen Verbraucher:innen mehr denn je vorsichtig vor, nehmen sich mehr Zeit, um ihr Budget so weit wie möglich zu strecken, und gehen besser vorbereitet einkaufen:

Insgesamt ist es wahrscheinlicher, dass Verbraucher:innen in Großbritannien ihre täglichen Ausgaben anpassen, anstatt große Veränderungen in ihrer Nutzung von Produkten und Dienstleistungen vorzunehmen. Ihr Fokus liegt darauf, aus ihren aktuellen Ausgaben den maximalen Wert zu schöpfen. Während die meisten bei Waren des täglichen Gebrauchs gleich viel ausgeben wie zuvor, haben viele ihre diskretionären Ausgaben, worunter beispielsweise Freizeit, Mode und Reisen fallen, im letzten Jahr reduziert.

Kaufverhalten in den USA

Auf der anderen Seite des Atlantiks bleiben die Konsumausgaben US-amerikanischer Verbraucher:innen auch nach mehreren Jahren der Krise hoch. Seit Mai 2023 ist der Optimismus der US-Amerikaner:innen stetig gestiegen, wobei die Hälfte der Verbraucher:innen erwartet, im Laufe des Jahres finanziell besser aufgestellt zu sein. Die kommende „Holiday Season“ wird mit reichlich Optimismus und wieder steigenden Konsumausgaben erwartet. Die Einkaufssaison bietet eine Vielzahl von Angeboten und Rabatten, die Konsument:innen dazu anregt, Geld auszugeben. Sobald die US-amerikanischen Verbraucher:innen nun jedoch die Feiertage hinter sich lassen, lässt sich ein verändertes Kaufverhalten beobachten: Günstigere Lebensmittelalternativen und eine Reduzierung der Ausgaben für Kleidung und Essen außer Haus sind Möglichkeiten, wie US-Amerikaner:innen versuchen, ihr Budget zu strecken.

So haben US-amerikanische Verbraucher:innen ihr Konsumverhalten geändert, oder würden Änderungen vornehmen:

Balkendiagramm, das die Top 5 Veränderungen zeigt, die US-Verbraucher:innen bereits an ihrem Kaufverhalten vorgenommen haben oder an ihren Budgets vornehmen würden.

Einflussfaktoren auf das Konsumverhalten in der APAC-Region

Auch die Region Asien-Pazifik hat mit den Auswirkungen der Polykrise zu kämpfen: Lieferengpässe, Verteuerungsraten in der Produktion, steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Konsumausgaben machen auch den asiatischen Ländern zu schaffen. Wie auch der Westen hat der Osten mit den Auswirkungen der Polykrise zu kämpfen: Lieferengpässe, Verteuerungsraten in der Produktion, steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Konsumausgaben machen auch den asiatischen Ländern zu schaffen Infolgedessen haben chinesische Verbraucher:innen die Kürzung diskretionärer Ausgaben zur Priorität gemacht, um ihre finanzielle Situation zu verbessern.

In Indien haben Eigenmarken die Möglichkeit, preisbewusste Käufer:innen dazu zu bewegen, ihre Geldbörsen etwas weiter zu öffnen. Vier von zehn Verbraucher:innen priorisieren niedrige Preise beim Einkauf von Produkten, während 34 % nach hochwertigen Eigenmarkenprodukten suchen. Einzelhändler können Wertpakete für Eigenmarkenprodukte anbieten, um preisbewusste Konsument:innen zu entlasten und die Qualitätswahrnehmung ihrer Marke weiter zu verbessern.

Vorsorgen für stürmische Zeiten

Obwohl die Sparaktivitäten im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind und trotz der Herausforderungen durch steigende Kosten, priorisieren weiterhin fast 30 % der Deutschen ihre Ersparnisse.

Eine Person hält ein Glasgefäß voller Münzen hoch, auf dem ein Schild mit dem Wort „Ersparnisse“ angebracht ist.

Viele deutsche Haushalte bleiben beim Ausgeben vorsichtig, da sie unter anderem hohe Folgezahlungen für Nebenkosten wie Gas und Strom befürchten. Infolgedessen und trotz steigender Kosten sparen deutsche Verbraucher:innen weiter, und die Sparquote blieb im ersten Halbjahr 2023 hoch. Aufgrund des geringeren verfügbaren Einkommens ist es für Konsument:innen, deren finanzielle Situation schlechter ist, jedoch weniger wahrscheinlich, regelmäßiges Sparen zu priorisieren. Da Haushalte mit niedrigerem Einkommen am stärksten von der Inflation und ihren Folgen betroffen sind, werden sie mehr Zeit benötigen, um sich finanziell zu erholen als wohlhabendere Haushalte. Unternehmen werden ermutigt, diese Verbraucher:innen bei der Verbesserung ihrer finanziellen Widerstandsfähigkeit und der Erreichung ihrer Sparziele zu unterstützen. Beispielsweise durch Zusammenarbeit mit „Buy Now, Pay Later“-Anbietern wie SaveStrike.

Wie können Marken und Unternehmen Konsument:innen zum Einkauf animieren?

Trotz Zurückhaltung bei den Konsumausgaben gibt es für Unternehmen Möglichkeiten, Verbraucher:innen zum Ausgeben zu animieren, wenn sie sich auf die Botschaft ihrer Produkte konzentrieren.

Aktuell stecken die meisten Konsument:innen bei allen “Extras” zurück. So auch im Freizeitsektor und in der Gastronomie. Und das, obwohl sich viele Menschen nach Freizeitaktivitäten wie Restaurantbesuchen, Reisen und geselligen Anlässen mit Freund:innen sehen. Insbesondere Outdoor-Aktivitäten haben seit dem Wegfall der Corona-Beschränkungen einen Aufschwung erlebt. Dies hat auch den Modebereich begünstigt, da viele Verbraucher:innen dies als Gelegenheit genutzt haben, neue Kleidung für Outdoor-Abenteuer zu kaufen.

Auch der Foodservice-Sektor hat mit der Einschränkung von Konsumausgaben zu kämpfen, da 67% der Deutschen auswärts essen gehen, um sich etwas Gutes zu tun. Anstatt das Essengehen komplett aufzugeben, gehen Verbraucher:innen seltener ins Restaurant, oder bewirten Gäste in den eigenen vier Wänden. Restaurants und Foodservice-Unternehmen können Kund:innen durch außergewöhnliche Premium-Erlebnisse, wie immersives Dining, mehr für ihr Geld bieten. “Immersive Dining” ist ein kulinarisches Erlebnis, das alle Sinne anspricht und den Gast in eine andere Welt entführt. Dadurch, dass solche Erlebnisse nicht zu Hause nachgeahmt werden können, sind Konsument:innen eher dazu bereit, Geld auszugeben.

Anstatt sich auf Botschaften zu konzentrieren, wie Verbraucher:innen ihre Ausgaben einschränken können, sollte die Kommunikation auf Aspekte ausgerichtet sein, die es wert sind, dafür extra auszugeben. Die deutsche Getränkemarke Warsteiner beispielsweise stellt in ihren Werbespots besondere Momente mit Freund:innen und Familie in den Mittelpunkt.

Screenshot des Warsteiner Werbespots: Drei Männer stoßen in einer Bar mit Biergläsern an.

Mehrwert durch lokale Produktion

Aufgrund jüngster Ereignisse wie der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Konflikt, die die globalen Lieferketten in Schieflagen gebracht haben, ist der lokale Bezug und die regionale Herstellung für viele Menschen wichtiger geworden. Fast die Hälfte der Deutschen stimmt zu, dass „Made in Germany“ weiterhin ein Gütesiegel für hochwertige Produkte ist. Mit diesem wiedererwachten Regionalismus sind global agierende Unternehmen mit Produktion in Deutschland gut beraten, davon zu profitieren und dies offener zu kommunizieren, um sich von der Masse abzuheben. Das Gütesiegel „Made in Germany“ kann von Marken und Unternehmen genutzt werden, um in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld einen höheren Preis zu rechtfertigen. Dies hat sich auch als Chance für kleinere Nischenmarken erwiesen, die es geschafft haben, mit Verweis auf ihren lokalen Bezug erfolgreich auf den Markt zu kommen. Beispielsweise wirbt die deutsche Kosmetikmarke This Place, die sich funktionaler Naturkosmetik widmet, für ihre Produktion in Deutschland mit dem Siegel „Made in Berlin“.

Mit Mintel in die Zukunft blicken

Insgesamt wird erwartet, dass die finanziellen Aussichten der Verbraucher:innen positiver werden. Dennoch haben Jahre der Unsicherheiten und Krisen bei Konsument:innen weltweit ein Gefühl der Entmutigung und Skepsis hinterlassen. Die positivere finanzielle Perspektive wird sich daher möglicherweise nicht sofort im Kaufverhalten und den Konsumausgaben widerspiegeln.

Trotzdem gibt es für Unternehmen Möglichkeiten, Verbraucher:innen Optimismus zu schenken und Produkte mit echtem Mehrwert zur Verfügung zu stellen. Nachhaltigkeitsansprüche, Langlebigkeit und weitere Vorteile müssen klar und transparent in den Vordergrund gestellt werden, um jene Mehrwerte an die Verbraucher:innen zu kommunizieren – und ihnen begreiflich zu machen, warum es sich lohnt, das Geld in die Hand zu nehmen.

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