Vergangene Woche wurden in Großbritannien zwei Anzeigen der spanischen Modemarke Zara verboten. Der britischen Werbeaufsicht (Advertising Standards Authority, kurz: ASA) zufolge wirkten die Models ungesund dünn; sie stufte die Werbung als „unverantwortlich“ ein. Mit dem wiederbelebten Y2K-Chic kehren offenbar nicht nur die Fashion-Trends der Nullerjahre, sondern auch das damalige, umstrittene Schönheitsideal des „Heroin Chic“ zurück. Bereits eine Woche zuvor hatte eine American-Eagle-Werbung mit Schauspielerin Sydney Sweeney eine hitzige Debatte über Körperbilder, Diversität und Markenverantwortung ausgelöst. Nach Jahren der Errungenschaften für Diversität und Body Positivity: Schaltet unsere Gesellschaft in puncto Diversität und Selbstakzeptanz gerade den Rückwärtsgang ein?
Diversität: welche Relevanz hat das Thema noch in der Branche?
Der Fall Zara ist kein Einzelfall. So zeigt sich beispielsweise, dass die Zahl der Plus-Size-Models auf den Fashion Weeks wieder rückläufig ist. Das deutet alles darauf hin, das die Darstellung von Diversität in der Mode zumindest bis zu einem gewissen Grad genauso trend- und gesellschaftsabhängig ist, wie Körperbilder es immer schon waren. Wenn aber 69 Prozent der deutschen Generation Z der Meinung sind, übergewichtige Menschen würden in den Medien zu wenig repräsentiert, gibt es sicher Grund von Seiten der Marken nachzubessern.
Während die Modebranche während der Hochphase der Diversitätsbewegung vor einigen Jahren durch inklusivere Größen, Kulturen und Körperformen positiv auffiel, scheint dieser Trend nun abzuebben. Fast 29 Prozent der Deutschen sagten in einer Mintel Umfrage im Mai 2025, dass inklusive Produktpaletten, darunter auch Mode, in den letzten zwei Jahren seltener geworden sind. Besonders bemerkenswert ist, dass 46 Prozent der Generation Z diese Wahrnehmung teilen – die Sensibilität für das Thema ist also unter jungen Deutschen deutlich ausgeprägter. 29 Prozent von ihnen fühlen sich beim Kleidungskauf übergangen, was auf erhebliche Lücken zwischen den Bedürfnissen junger Verbraucherinnen und dem Angebot der Marken hinweist.
Y2K-Ästhetik – ein Schritt zurück statt nach vorn?
Aktuell lässt sich in der Modewelt ein Trend zur Rückkehr extrem schlanker Körperideale beobachten, der maßgeblich durch die Wiederbelebung der Y2K-Ästhetik geprägt ist. Flache Bäuche, tiefe Taillen und der sogenannte „Heroin-Chic“ wecken Erinnerungen an Kate Moss und die 1990er Jahre. Dieser Trend steht in engem Zusammenhang mit der allgemeinen Nostalgiewelle für Mode aus dieser Zeit. Gleichzeitig sorgen Prominente wie Kim Kardashian durch ihren Gewichtsverlust und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit dafür, dass ein neues Schlankheitsideal entsteht. Begleitet wird diese Entwicklung von einer starken Popularisierung von Abnehmmitteln wie Ozempic. Im Jahr 2024 haben 31 Prozent der Deutschen versucht, Gewicht zu verlieren; davon hatten 15 Prozent bereits Abnehmmittel wie Ozempic genutzt. Weitere 23 Prozent zeigen Interesse daran.
Filter, Likes und Perfektion: Social Media und Schönheitsideale
Verbote wie in Großbritannien zeigen nur begrenzte Wirkung, da Schönheitsideale und Werte heutzutage eher über Social Media als über klassische Werbung transportiert werden. Plattformen wie Instagram prägen das Mode- und Schönheitsverständnis junger Frauen maßgeblich: Rund 68 Prozent der 16- bis 24-Jährigen in Deutschland suchen dort nach Modetipps, während zugleich 46 Prozent dieser Altersgruppe Beauty-Influencer:innen als Vermittler unrealistischer Ideale wahrnehmen. Dieses zwiespältige Verhältnis zu Schönheitsidealen verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen gerade junge Konsumentinnen konfrontiert sind. Filter und Bildbearbeitung verstärken diese Verzerrungen zusätzlich und erhöhen den Druck durch idealisierte Körperbilder.
Darum greift der Vergleich mit dem Tabakwerbeverbot zu kurz
Der Vergleich hinkt: Ähnlich wie das Tabakwerbeverbot zielen auch diese Vorschriften darauf ab, Jugendliche vor schädlichen Verhaltensmustern zu schützen. Im Gegensatz zur Tabakwerbung, die sich auf ein klar definiertes Produkt bezieht, sind Körperideale jedoch stark von kulturellen Kontexten und individuellen Wahrnehmungen geprägt, was ihre Definition und Kontrolle erschwert. Verboten wird nicht Werbung für Mode an sich, sondern für eine bestimmte Art der Darstellung – was immer auch bis zu einem gewissen Grad subjektiv bleibt.
Unser Fazit
Körperwahrnehmung unterliegt seit jeher Trends und gesellschaftlichen Strömungen – ein Muster, das sich auch künftig nicht ändern wird. Der Rückgriff auf die Y2K-Ästhetik und den „Heroin Chic“ verdeutlicht, wie schnell scheinbare Fortschritte in Diversität und Body Positivity ins Stocken geraten können, häufig reduziert auf oberflächliches Marketing. Bodypositivity oder Selflove dienen heute vor allem als klickstarke Narrative, untermauert mit Hashtags von „skinny-shaming“ bis „fat-shaming“. Ein Werbeverbot einzelner Kampagnenbilder wird an diesem Phänomen wenig ändern, da Social Media längst eine reichweitenstärkere Bühne für die Verbreitung dieser Schönheitsideale geworden ist. Besonders für Marken aus den Bereichen Mode und Beauty, deren Produkte eng mit der Identität ihrer Konsumenten verknüpft sind, stellt sich die entscheidende Frage: Folgt man Trends oder setzt man auf ausschließlich auf Werte wie Diversität und Authentizität? Wie bleibt man relevant in einer Welt, die von einer zunehmend kritischen und anspruchsvollen Zielgruppe geprägt ist? Lassen Sie uns gemeinsam Antworten finden.
Kontaktieren Sie das Mintel-Team noch heute, um herauszufinden, welche Trends für Ihre Marke wegweisend sind – und welche strategischen Handlungen notwendig sind.
 
     
                 
         
         
		 
		 
		 
		 
		 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                    